Aktuell auf Weltreise in den USA, Costa Rica und Australien: Wieder berichten Familien, die trotz Corona unterwegs sind. (HIER findet Ihr Berichte aus Malaysia, Griechenland und Georgien).
Ob ein Platz zum Abwarten am Strand oder ein Roadtrip quer durch's Land: Alle eint, dass sie aus dieser Ausnahmesituation das Beste gemacht haben und ganz besondere Einblicke gewonnen haben, die sonst sicherlich gar nicht möglich gewesen wären.
In unserer Interviewserie kommen Familien zu Wort, denen Corona ihre Reisepläne über den Haufen geworfen hat: Familien, die ihre Weltreise abgebrochen oder unterbrochen haben, Familien, die ihre Weltreise gar nicht erst antreten konnten und eben auch Familien, die sich trotz Corona für eine Weiterreise entschieden haben.
Wie geht es Ihnen? Lockdown, Ausgangsbeschränkungen oder Strandleben: Wie ist die Lage? Und wie und wann soll es weiter gehen?
Diese Familien verraten im Interview, warum sie sich gegen eine Rückkehr nach Hause entschieden haben und berichten von der Lage vor Ort:
Unerwartete Entdeckungen und großartige Begegnungen dank Corona
Während Weltreise in Zeiten der Pandemie für die meisten bedeutet, sich irgendwo ein (mehr oder weniger) entspanntes Plätzchen zu suchen und abzuwarten, sind Gregor und seine Familie tatsächlich auf Tour: quer durch die USA.
1. Wer seid Ihr? Stellt Euch doch einmal kurz vor.
Gregor: "Wir sind eine vierköpfige Familie aus Berlin. Elisa (gerade 6 geworden) wäre aktuell noch im Kindergarten, aber freut sich schon wahnsinnig auf die Einschulung im August. Helena (wird in Kürze 11) verpasst gerade die 5. Klasse, was nicht heißt, dass sie nichts lernen würde. Franzi (37) und Gregor (38) erfüllen sich mit dieser Reise den langersehnten Traum, als Familie gemeinsam einen kleinen Teil der großen weiten Welt kennenzulernen. Unser Blog: SchöneZukunft"
2. Seit wann seid Ihr unterwegs und wie lange ist die Reise geplant?
Gregor: "Wir haben vor über drei Jahren damit begonnen, unsere einjährige Auszeit zu planen und sind dann im August 2019 Richtung Afrika gestartet. Seitdem sind wir (fast) durchgängig unterwegs."
3. Was waren die bisherigen Stationen Eurer Reise?
Gregor: "Unsere Reise begann mit einem aufregenden Monat in Namibia, wo wir ein ganz neues Gefühl für Weite und Wildtiere bekamen. Danach reisten wir weiter nach Südostasien, wo wir in Malaysia die schärfste Suppe unseres Lebens gegessen haben, in Thailand viele andere Reisefamilien kennenlernen surften, in Laos zwei Tage den Mekong River entlang fuhren und in Vietnam Wasserpuppentheater, Reisterrassen und erstaunlich leere Vergnügungsparks besuchten.
Nach einer spontanen Reiseunterbrechung im Dezember, um die Weihnachtsfeiertage mit Freunden und Familie zu verbringen, ging es weiter nach Florida, wo wir für ein paar Wochen Pause vom Reisealltag machten. Kurz bevor der Coronavirus dann unsere Reiseplanung übernahm, verbrachten wir noch vier aufregende Wochen in Costa Rica. Seit Mitte März sind wir mit dem Wohnmobil in den USA unterwegs."
4. Wo seid Ihr gerade und wie ist die Lage vor Ort?
Gregor: "In den letzten 10 Wochen sind wir von LA aus quer durch die Vereinigten Staaten bis nach Michigan gefahren. Von der Panik und den chaotischen Zuständen, welche teilweise durch die Medien gingen, haben wir so gut wie gar nichts mitbekommen. Viele Nationalparks und staatliche Campingplätze wurden während unserer Reise geschlossen. Aber es gab zahlreiche Ausweichmöglichkeiten über private Campingplätze.
Wir haben sehr viele wahnsinnig freundliche Menschen kennengelernt, die uns kleine Einblicke in den American Way of Life gegeben haben (natürlich immer mit den vorgegebenen six-feet-apart). Alle Menschen, die wir unterwegs trafen, waren respektvoll und hilfsbereit. Völlig unabhängig von der sozialen Herkunft oder der politischen Einstellung (wir hätten uns vorher nie träumen lassen, dass einige der Menschen, die wir unterwegs am meisten ins Herz schließen würden, ausgerechnet glühende Trump-Fans hätten sein können)."
5. Habt Ihr überlegt, nach Deutschland zurückzukehren? Warum habt Ihr Euch dagegen entschieden?
Gregor: "Als wir einen Tag, bevor die USA ihre Grenzen für Europäer dicht machte, in LA landeten, waren wir extrem unsicher, wie es für uns weitergehen würde. Wir hörten von all den Rückholaktionen und die Situation in amerikanischen Ballungszentren verschlechterte sich quasi stündlich. Wir versuchten, die Lage verantwortungsvoll einzuschätzen, ohne in Panik zu verfallen.
In dieser unsicheren Situation machte ein Telefonat mit einem alten High-School-Freund aus Michigan, den ich seit 20 Jahren nicht gesehen hatte, den entscheidenden Unterschied. Ohne lange drüber nachzudenken, bot er uns an, einfach die 2.000 Meilen quer durch die USA zu fahren, um in seinem Garten zu campen, bis die kritische Phase vorbei wäre. Es beruhigte uns sehr, zu wissen, dass wir einen Platz hätten, an dem wir im Notfall bleiben könnten. Und so verließen wir LA, so schnell wir konnten und machten uns auf den Weg Richtung Osten. Täglich prüften wir die Lage und erkundigten uns über die jeweiligen Bestimmungen in den verschiedenen Bundesstaaten. Die Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten gestaltet sich mitunter nicht ganz einfach, aber dadurch entdeckten wir so viele tolle Orte, die wir sonst wahrscheinlich nie gefunden hätten. In unserem Blog haben wir ausführlich über diese Phase unserer Reise berichtet."
6. Wie ist die Situation emotional für Euch? Und für die Kinder?
Gregor: "Die ersten paar Tage in den USA, als wir nicht wussten, wie es weitergehen würde, waren sehr nervenaufreibend. Wir hatten große Bedenken, die falsche Entscheidung zu treffen. Wir versuchten, die Kinder unsere Verunsicherung nicht zu sehr spüren zu lassen. Aber natürlich ließ es sich nicht vermeiden, auch mit ihnen darüber zu sprechen, warum sich unsere Reisepläne ständig ändern.
Mittlerweile sind wir wahnsinnig dankbar und glücklich, dass wir diese für viele Menschen extrem belastende Phase, vergleichsweise unbeschwert verleben durften. Wir haben die USA auf eine Art und Weise kennengelernt, wie wir es niemals erwartet hätten. Beinahe alleine am Grand Canyon, leere Highways, Fische fangen mit Wiener Würstchen als Köder, die Wiedereröffnung der Strände am Golf von Mexico, eine spontane Social-Distancing-Geburtstagsparty mit Camping-Nachbarn, Körperpflege in kleinen Bächen und eine sehr andere Familienfeier zum Memorial Day.
Als Familie haben wir in diesen ungewöhnlichen Zeiten gelernt, wie viel einfacher alles ist, wenn man sich gegenseitig hilft und unterstützt. Und sowohl wir als auch unsere beiden Mädels haben trotz Sprachbarriere Freunde fürs Leben gewonnen. Wir haben nicht das bekommen, was wir uns beim Antritt der Reise erhofft hatten. Und das war vielleicht das Beste, was uns hätte passieren können."
7. Was waren ursprünglich Eure weiteren Reisepläne und wie geht es jetzt weiter?
Gregor: "Ursprünglich wollten wir unsere Reise in Kanada abschließen und Anfang Juli nach Deutschland zurückkehren. Da es für uns jedoch einerseits gar nicht möglich ist, nach Kanada einzureisen, und andererseits unsere Visa für die USA auslaufen, müssen wir unsere Weltreise etwas abkürzen. Unsere Wohnung in Berlin ist aktuell untervermietet und so hoffen wir, die verbleibende Zeit in einem Ferienhaus an der Ostsee verbringen zu können."
Quarantäne im Tropenparadies...
...allerdings ein Tropenparadies mit sehr strengen Pandemie-Vorschriften. Wie es Familie Grün in Costa Rica ergeht und die weiteren Pläne berichten sie im Interview:
1. Wer seid Ihr? Stellt Euch doch einmal kurz vor.
Familie Grün: "Wir sind die Grüns, und reisen mit unseren zwei Mädchen (4 + 2) durch die Gegend. Auf unserem Blog gruenamwegesrand.com könnt ihr nachlesen, wie es war, als Familie durch Armenien zu backpacken und wie wir den Grand Canyon zum ersten Mal gesehen haben – im Oman."
2. Seit wann seid Ihr unterwegs und wie lange ist die Reise geplant?
Familie Grün: "Seit Juni 2019 und wir reisen open-end."
3. Was waren die bisherigen Stationen Eurer Reise?
Familie Grün: "Wir waren in der Kaukasus-Region, dann auf der arabischen Halbinsel. Anschließend Stationen in Europa (Deutschland/Irland/Teneriffa/Schweiz), und jetzt Costa Rica."
4. Wo seid Ihr gerade und wie ist die Lage vor Ort?
Familie Grün: "Wir sind am südlichsten Zipfel von Costa Rica, direkt am Strand. Die Quarantänebestimmungen waren ziemlich streng, wir haben selten das Grundstück verlassen und konnten auch nicht an den nahen Strand."
5. Habt Ihr überlegt, nach Deutschland zurückzukehren? Warum habt Ihr Euch dagegen entschieden?
Familie Grün: "Wir wollten sowieso mindestens 3 Monate in Costa Rica bleiben, und deshalb beschlossen wir, die erste Corona-Welle hier ausharren. Nach Gesprächen mit der Botschaft und der Reiseversicherung hat sich diese Entscheidung bestätigt und gezeigt, dass das in diesem Land nicht lebensmüde ist. Die Vorstellung, überstürzt abzubrechen und in ein Leben mit Arbeit und Schule zurückzukehren, hat uns so gar nicht angemacht."
6. Wie ist die Situation emotional für Euch? Und für die Kinder?
Familie Grün: "Wir waren sehr dankbar für den großen Garten und dafür, wie gut es uns ging. Und doch haben wir die Gefühlsachterbahn einer durchschnittlichen Quarantäne wohl durchgemacht. Unsere Kinder fühlen sich so wohl, sie wollen bis Weihnachten hierbleiben."
7. Was waren ursprünglich Eure weiteren Reisepläne und wie geht es jetzt weiter?
Familie Grün: "Ursprünglich wollten wir von hier aus nach Südamerika fliegen und dort noch mehrere Monate verbringen. Wir dürfen bis August offiziell in Costa Rica bleiben. Und dann schauen wir mal, wie die Welt mit Corona aussieht. Eines hat uns unsere Reise bis jetzt gelehrt: Wer wirklich offen ist, für das was kommt, kann mit leichten Schritten weitergehen."
Corona-Auszeit An der Sunshine Coast
Nach einer Traumreise durch die halbe Welt haben sich Franziska und ihre Familie für einen längeren Aufenthalt in Australien entschieden. Und es nicht bereut.
1. Wer seid Ihr? Stellt Euch doch einmal kurz vor.
Franziska: "Wir sind die Familie Van der Weide aus Berlin. Wir setzen uns zusammen aus Ruurd (ursprünglich aus Holland), mir, Franziska (Berlinerin) und unseren 3 Kindern, Mali, gerade 9 geworden, Claas im Alter von 5, bald 6 und der Fien, die vor ein paar Tagen 3 geworden ist."
2. Seit wann seid Ihr unterwegs?
Franziska: "Wir sind seit September 2019 unterwegs. Wir haben die Reise für rund 10 Monate geplant bis ungefähr Juli 2020."
3. Was waren die bisherigen Stationen Eurer Reise?
Franziska: "Wir sind erst nach Holland gereist, um die Familie dort zu verabschieden und sind dann von Amsterdam nach Kuala Lumpur geflogen, nach Borneo, von dort aus nach Bali. Über Gili Air nach Lombok. Von dort sind wir nach Perth geflogen und haben mit dem Camper die australische Westküste erkundet.
Von dort sind wir nach Fijii geflogen, danach nach Tonga (Vavau, Hapai und Tonga Tapoo). Von Tonga sind wir nach Neuseeland geflogen und haben mit dem Auto die Nordinsel bereist. Von dort aus hatten wir bereits einen Flug nach Sydney, um nach LA zu fliegen und weiter zu reisen nach Zentralamerika. In Sydney bzw. bereits in Neuseeland haben wir beschlossen (aufgrund der zuspitzenden Situation) in Australien zu bleiben und dann nach oben in Richtung Queensland zu reisen. Das haben wir dann noch mit einem Camper gemacht, bis wir uns ein Haus gemietet haben."
4. Wo seid Ihr gerade und wie ist die Lage vor Ort?
Franziska: "Wir haben uns ein Haus in Mooloolaba gemietet. Das ist an der Sunshine Coast. Wir durften während des Lockdowns weiterhin zum Strand, das war als täglicher Ausflug schon toll."
5. Habt Ihr überlegt, nach Deutschland zurückzukehren? Wenn ja, warum habt Ihr Euch dagegen entschieden?
Franziska: "Wir haben bewusst und unbewusst die richtige Entscheidung getroffen, den Lockdown hier zu verbringen. Es kam für uns damals im März nicht in Frage, sofort zurück nach Berlin zu fliegen. Das Klima, Strand und das Meer haben uns perfekt durch die Zeit getragen.
Wir kehren im Juli 2020 zurück nach Berlin. Wir haben dort noch unsere Wohnung und das war auch der ursprüngliche Plan. Aber ja, so eine Reise bringt gedanklich viel ins Rollen :)"
6. Wie ist die Situation emotional für Euch? Und für Euren Sohn?
Franziska: "Wir sind seit nunmehr 9 Wochen hier in dem Haus. Es gefällt uns landschaftlich und klimatechnisch extrem gut und die Leute hier sind auch super nett. Dennoch bringt so ein Lockdown auch manchmal unterschiedliche Gefühlslagen mit sich, sowohl für jedes Familienmitglied selbst aber auch als ganze Familie. Ich denke, am meisten hat uns manchmal der Kontakt zu anderen Familien oder generell Menschen gefehlt. "
7. Was waren ursprünglich Eure weiteren Reisepläne und wie geht es jetzt weiter?
Franziska: "Ursprünglich wollten wir für ein paar Wochen nach LA und von dort aus nach Mexiko, Costa Rica und Panama und ganz eventuell einen Abschluss in Kolumbien kreieren."
Falls Ihr auch von einer Weltreise träumt, schon eine gemacht habt oder gerade macht, kommt auch gerne in unsere Facebook Gruppe "Weltreise mit Kindern" .
Als Schlusswort Gregors treffendes Zitat: "Wir haben nicht das bekommen, was wir uns beim Antritt der Reise erhofft hatten. Und das war vielleicht das Beste, was uns hätte passieren können." Ist das nicht ein herrlicher Grund, die Welt zu entdecken?
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Mel (Freitag, 29 Mai 2020 18:15)
Sehr cool. So etwas lese ich total gerne. Ich finde es toll, dass die Familien ihre Entscheidungen allesamt nicht bereut haben oder bereuen mussten. Das ist super.
Das mit den "Trump-Fans" kann ich mittlerweile total nachvollziehen. Durch unsere vielen USA-Reisen, vor allem mittlerweile nach Texas, haben wir auch mit einigen Bekanntschaft gemacht bzw. sind noch immer in Kontakt!
Schöne Interviews - Danke!